Sri Lankas Nationalisten tun dann mal protestieren

Übersetzt von der LTTEwatch-Redaktion aus The Economist vom 27. März 2012

Colombo – „Hillary Clinton ist nackt! Obama ist nackt! „Kreischen die singhalesische Graffiti-Sprüche von einer Wand in Colombo. Nach dem Vorbild ihrer Regierung, reagieren viele Srilanker verärgert auf die Verabschiedung einer amerikanisch geführten Initiative vor dem UN-Menschenrechtsrat, der Versöhnung und Verantwortung sucht für Kriegsverbrechen, die angeblich am Ende ihres Bürgerkrieg gegen die Tamil Tigers begangen wurden.

Drei Jahrzehnte Krieg endete im Jahr 2009 in einem blutigen Höhepunkt, der Tausende von Zivilisten tötete und die Tigers besiegt. Rechte-Gruppen wollen nun die Regierung zur Rechenschaft ziehen für die Zivilisten, die von der Armee getötet wurden und wollen eine Untersuchung der Vorwürfe von schweren Kriegsverbrechen der srilankische Soldaten. Nachdem die Aktivisten die Unterstützung der UNO gewonnen haben, sind diese Aktivisten nun Ziel des Zorns einer nationalistische gesinnten Öffentlichkeit.

Eine ganz Reihe von unterschiedlichsten Gruppen von Kritikern sagen, dass die Resolution, die von einer klaren Mehrheit am 22. März verabschiedet wurde, inhaltlich so verwässert war, dass es ans Blasierte grenzt. Doch Mahinda Rajapakse, Sri Lankas Präsident, ist grantig. Anlässlich einer Funktion in einem abgelegenen Dorf am 24. März, bestand er darauf, dass Sri Lanka kein „willkürliches Eingriffen“ in innere Angelegenheiten dulden werde.

Also: No Deal und kein Kompromiss. Das sei die Position Sri Lankas am in Genf ansässigen Rat gewesen, erklärte G.L. Peiris, der Außenminister. Bei einer überfüllten Pressekonferenz am 26. März, tadelte er ganz undiplomatisch Indien dafür, dass dessen Ja-Stimme die anderen Staaten habe für die Resolution stimmen lassen.

Manmohan Singh, Indiens Premierminister, hatte zwei-und-ein-halb Tage vor Ablauf der Sitzung verlauten lassen, dass seine Regierung „geneigt sei, mit Ja zu stimmen“, also für die Resolution. Seine Aussage wurde schnell unter den Ratsmitglieder bekannt. Mehrere unter ihnen, die eigentlich gegen die Initiative gestimmt hätten, verzichteten deshalb, dafür zu stimmen bzw. sich zu enthalten, behauptet zumindest Herr Peiris.

Einige Analysten in Colombo sehen dies als Eingeständnis dafür, wie einflussreich Indien bei der Gestaltung der internationalen öffentlichen Meinung bezüglich südasiatischer Themen geworden ist. Andere meinten dagegen, die Regierung Sri Lankas stochere wieder nur herum, diesesmal auf der Suche nach einem Sündenbock.

Das eigentliche Problem aber war, dass Indien ursprünglich gesagt hatte, dass es sich der Resolution widersetzen werde. Die Dinge änderten sich schlagartig, als ein leitendendes Mitglied der srilankischen Delegation so indiskret wie lautstark Indiens Position gegenüber der Presse verkündete. Die großen politischen Parteien im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu, die eine Affinität mit der tamilischen Bevölkerung in Sri Lanka zu teilen behaupten, und sonst aufs Ärgste zerstritten, kombinierten plötzlich ihre Kräfte, um eine politische Umkehr von der indischen Zentralregierung einzufordern.

Nach Wochen der unerbittlichen Tiraden von ihren tamilischen Koalitionspartnern, machte Indiens Zentralregierung einen Rückzieher. Herr Peiris sagt, dies kam wie ein „Schock“. Stunden vor der Abstimmung jedoch, handelten indischen Diplomaten mit Amerika aus, den Entwurf in der Sprache zu „verdünnen“. Diese Intervention Indiens bekam jedoch nicht das zu erwartende dicke Lob von seinem Nachbarn im Süden. Stattdessen beschuldigen Sri Lankas Medien die Inder der Doppelzüngigkeit.

Sri Lankas politischen Beziehungen zu Indien werden diesen Sturm überstehen. Wie Basil Rajapaksa, der mächtige Minister für wirtschaftliche Entwicklung und der Bruder des Präsidenten eingeräumt: „Wir werden niemals vergessen, was unsere Beziehung zu Indien ist.“ Im Gegensatz dazu China – das gegen die Resolution stimmte und die Maßnahm anprangerte – großzügig gelobt.

Sri Lankas angespannten Beziehungen mit dem Westen wird zweifellos noch schlimmer werden, nicht zuletzt, weil die Resolution hier als feindselig angesehen wird. Westliche Diplomaten ziehen es vor, die Resolution als Mittel, der lethargischen Rajapaksas-Regierung die Sporen zu geben beim Einhalten von Versprechen, die sie im Namen der Verantwortlichkeit und Versöhnung gemacht haben.

Amerikas Initiative wurde von 40 Ländern mitgetragen. (Unter ihnen befand sich auch Norwegen, das einmal versucht hatte und dabei gescheitert war, einen dauerhaften Frieden zwischen der srilankischen Regierung und den tamilischen Rebellen zu verhandeln.) Unter anderem drängt die Resolution darauf, die Empfehlungen einer Kommission des Präsidenten zu implementieren, die vergeblich versuchte, die Wirren der letzten Phase des Krieges zu entwirren.

Die Schlussfolgerungen dieser Lessons Learnt- and Reconciliation Commission (LLRC) werden häufig als nicht ausreichend angesehen, wenn es um die Aufgabe geht, Fakten zu finden. Dennoch bot der Schluß-Bericht weitere, annehmbare Vorschläge, um die uralten ethnischen Missstände zu lösen. So sprach der Bericht sich für Dezentralisierung der Macht und einer schnellen Entmilitarisierung des Nordens und des Ostens der Insel aus, wo eine große Anzahl der tamilischen Minderheit des Landes lebt. Die Regierung hat sich bisher beiden Forderungen widersetzt.

Schon vor dem Streit mit dem Menschenrechtsrat verlagerte Sri Lanka seine außenpolitischen Schwerpunkt nach Asien, Afrika und Lateinamerika. Als Teil dieser Änderung sollen nun mehrere seiner diplomatischen Vertretungen in Europa geschlossen werden – sogar mehr, als auf anderen Kontinenten eröffnet werden sollen.

Die Regierung ahnt wohl, dass der Westen nicht nachlassen wird, bis die Forderung nach Rechenschaftspflicht erfüllt sind. Er sieht dies als von der pro-tamilischen Tiger Diaspora motiviert. In den Wochen, die der Resolution vorausgingen, gingen Minister der Regierung so weit, zu behaupten, dass Amerika und seine Verbündeten an einer Verschwörung arbeiteten, um das Rajapaksa-Regime stürzen.

Die gleichen Regime-Schmeichler warnten davor, dass ihr heldenhafter Präsidenten am Rande einer Überführung vor ein internationales Kriegsverbrechertribunals stehe, obwohl er dies in Wirklichkeit bislang noch nie war. Bestellte Demonstranten protestierten vor westlichen diplomatischen Missionen, verbrannten unter Gejohle Abbildungen angeblicher westlicher Verschwörer. Ein Minister rief gar zum Boykott aller amerikanischen Produkten auf, einschließlich Google, Coca-Cola und McDonald ’s.

Es ist grimmig ironisch, dass es noch keinerlei öffentliche Diskussion über die Inhalte oder die Ziele der Resolution in Sri Lanka gibt. Die Regierung, zu ihrem Teil, scheint immer kriegerischer zu werden. Nimal Siripala de Silva, ein leitenden Minister, sagte am 27. März, die LLR-Kommission sei „jenseits ihres Mandats gegangen“, und dass reifliche Überlegung erfolgen müsse, bevor seine Vorschläge umgesetzt werden.

Seit Monaten hatte die Regierung, die Tatsache zur Schau gestellt, dass die LLRC das nationale Mittel zur Abwehr von internationalen Forderungen nach einer Untersuchung von Kriegsverbrechen sei. Plötzlich stellt die Rajapaksa-Regierung den Bericht der eigenen Kommission in Frage. Das ist genau das, was unabhängige Analysten befürchtet hatten, was passieren würde.

Doch zumindest steht Sri Lanka nun offiziell unter verschärfter Beobachtung – wenn auch nur in Übersee.

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